Endlich! Der Sommer ist da! Zeit, um vermehrt im offenen Gewässer zu Schwimmen statt nur Kacheln zu zählen. Doch was sollte man beachten? A-Trainer Schwimmen und Extremschwimmer Björn Hauptmannl von schwimmCAMPUS beantwortet die wichtigsten Fragen und gibt Euch wertvolle Tipps!
Triathlove: Schwimmen im offenen Gewässer ist ja für viele nicht das Schönste. Was hat es für dich aber an Vorteilen gegenüber dem „Kacheln zählen“ im Schwimmbad?
Björn Hauptmannl: Richtige Vorteile hat es natürlich nicht – es ist Geschmacksache. Bei den Schwimmern gibt es die, die das OpenWater lieben und die, die es hassen. Beides gibt es selten. Ich persönlich liebe das Freiwasser, da es ganz andere Fähigkeiten voraussetzt als im Becken. Man muss mit Strömungen, Wassertemperaturen, Winden und Gegnern klar kommen und sich immer wieder darauf einstellen können. Es gibt für mich nichts reineres und schöneres als das Auseinandersetzen mit dem Element Wasser in der freien Natur!
Wie oft sollte man aus deiner Sicht vor einem Wettkampf open water geschwommen sein, wenn der Wettkampf in einem See oder Fluss stattfindet?
Wenn man in einen Wettkampf geht, egal ob Triathlon oder ein reiner OpenWater Wettkampf, sollte man immer alle Situationen bereits durchgespielt haben. Dies gibt einem ein gutes, sicheres Gefühl. Der Kopf passt sozusagen. Auch das Schwimmen mit Neo gehört dazu. Durch den Neo hat man einen deutlich erhöhten Auftrieb. Die veränderte Wasserlage führt zu höheren Geschwindigkeiten und die Abläufe (Zug, etc.) müssen angepasst werden. Auch der „Rückzieheffekt“ im Schulterbereich durch den Neo will trainiert werden. Je nach Modell ist der Effekt größer oder kleiner, aber die Muskulatur im Schulterbereich wird stärker beansprucht und ermüdet schneller. Dies will trainiert und geübt werden.
Der Großteil des Trainings findet im Becken statt. Kontrollierte Bedingungen ermöglichen effektiveres Arbeiten. Dinge wie zum Beispiel die Sailfish Night sind gute Ergänzungen um die Orientierung und das Verhalten in der Masse zu trainieren. Sie sollten aber als Ergänzung betrachtet werden und nicht als alleiniges Training. Auch Training in Kleingruppen oder alleine kann ab und an sinnvoll sein, um die Orientierung, das Gefühl für Strömungen und das richtige Umrunden von Bojen zu trainieren. Und natürlich der Spass. Ich gehe im Sommer oft ins Freiwasser, einfach weil es ein tolles Gefühl ist.
Für viele ist die Orientierung ein Problem – was hast Du für Tipps?
Oh ja, ein Thema was mir sehr häufig bei Triathleten und Einsteigern begegnet. Zu einen habe ich im Freiwasser Bojen. Diese sind oft durch Sonne, Größe oder durch Mitschwimmer schwer zu erkennen. Daher ist es immer eine gute Möglichkeit sich einen markanten Punkt hinter einer Boje zu suchen. Sei es ein Schornstein, ein Gebäude oder ein großer Baum. Dieses größere Ziel kann man unter Belastung viel schneller erfassen.
Wichtig ist im Zuge der Orientierung auch das Thema Strömung. Ja, auch in jedem See gibt es eine leichte Strömung und auch der Wind schiebt den Schwimmer seitwärts. Hier ist es ratsam das Gewässer zu kennen (Stichwort: Vorbereitung) und sich die Windverhältnisse vor dem Rennen anzuschauen. Auch Apps wie Windfinder können helfen. Ein kleines Beispiel hierzu: Die Meisten versuchen den geraden Weg zur Boje. Sollte aber der Wind + evtl. ein wenig Strömung von links kommen, muss man ein Ziel links der Boje annehmen und sich auf die „Gerade“ drücken lassen. Ich hoffe es war einigermaßen verständlich 😉
Gibt es dabei Unterschiede zwischen See und Fluss?
Ganz klar die veränderten Strömungsverhältnisse. Schwimmt man mit der Strömung erhöht das die Geschwindigkeiten ungemein und man muss analog zum Neo die Bewegungsabläufe an die höhere Geschwindigkeit anpassen. Im Becken kann man diese höheren Geschwindigkeiten sehr gut mit Flossen simulieren. Bei schon leichter Ermüdung sind hier höhere Geschwindigkeiten realisierbar.
Gibt es Übungen, die man ins (Schwimmbad-)Training einbauen kann, die zur besseren Orientierung helfen?
Die Orientierung ist relativ schwierig ins Schwimmbadtraining einzubauen. Man kann zum Beispiel einen kleinen farbigen Becher auf einer der Startblöcke stellen und diesen mit Freiwasseratmung immer wieder anpeilen. Hier sollte der Gegenstand markant aber klein sein, so dass man sich wirklich konzentrieren muss. Wichtig ist, lass dich auf die Übung ein! Ich sehe immer wieder das sich Sportler auf solche Übungen nicht einlassen und es einfach „runterschwimmen“, ähnlich bei technischen Übungen. Beides ist wichtig und bringt einen nur weiter, wenn man es übt, übt und übt.
Was sollte man beachten, wenn man ggf. auch mal zum Training alleine im See unterwegs ist?
Ich persönlich nehme immer eine Boje mit – die gibt es von diversen Herstellern. Auch dem Geübtesten kann einmal etwas passieren und dann hat man zumindest eine Sicherung an der man sich festhalten kann. Auch auf die Eigensicherung ist zu achten. Gerade in größeren Seen achten Schiffe, Segler etc. nicht unbedingt auf einen. Hier ist es hilfreich immer wieder selbst zu schauen und eine möglichst markante Badekappenfarbe zu wählen. Zusammen mit einer Boje wird man dann meistens erkannt. In einem meiner Trainingsreviere, dem Edersee, wäre es fahrlässig es nicht so zu machen. Grundsätzlich: umso weiter raus man alleine schwimmt, umso besser sichert man sich ab. Bei meinen 3-4 Stunden Einheiten setze ich oft meine Frau ans Ufer.
Björns Tipps und Tricks für Schwimmen im offenen Gewässer
Orientierung!
Lerne, Dich im Wasser zu orientieren – Bäume, Türme oder ähnliche markante Punkte können dabei helfen.
Liebe!
Wenn du das Freiwasser nicht lieben kannst, lerne es zu schätzen und du wirst weniger dagegen arbeiten.
Neo!
Gefühl für den Neo bekommen. Tipp: Nicht der Neo mit dem meisten Auftrieb ist der beste, er muss zur Wasserlage passen!
Vielen Dank Björn für das Interview und die wertvollen Tipps. Seine Facebook-Seite findet ihr übrigens hier.
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