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Mein erstes DNF – oder: einfach vernünftig sein

Man nehme: 37 Grad im Schatten, einen Magen, der bereits vor dem Start nicht mitmacht und eine anspruchsvolle Radstrecke. Diese Zutaten werden anschließend kräftig gemischt. Das Ergebnis? Mein erstes DNF. Did not finish. Fühlt sich nicht gut an, war aber die einzig richtige Entscheidung.

Manchmal möchte man sich einfach verkriechen. In ein Erdloch. Am besten möglichst tief, sodass einen wirklich keiner findet. So habe ich mich gefühlt als ich am Sonntag zum ersten Mal in meinem Sportlerleben bei einem Wettkampf nicht die Ziellinie erreichte. Doch der Reihe nach.

Bereits um 5:15 Uhr ging es am Morgen für mich aus dem Haus zum Treffpunkt mit unserer Mannschaft. Ganz schön früh und vor allem so gar nicht meine Uhrzeit. Doch irgendwie freute ich mich bei all dem Stress mit meiner Masterarbeit auch auf einen Tag, den ich nicht am Schreibtisch, sondern beim Sport verbringen kann. Also ab auf die Autobahn und den Tag mit meinen Mädels genießen.

Probleme, wenn man keine braucht

Bereits auf dem Weg zur ersten Wechselzone, die knapp 12 Kilometer Radweg von der zweiten entfernt am Hemsbacher See liegt, merkte ich schon ein Grummeln im Magen. Naja, wird nur die Aufregung sein, dachte ich. Doch falsch gedacht. Das Gefühl wurde beim Einrichten der Wechselzone immer stärker und es blieb mir nichts anderes übrig als der Gang auf Toilette. Den Rest möchte ich Euch sehr gerne ersparen. Meine Kraftreserven hatte ich zumindest in diesem Augenblick komplett verloren.

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Die Wechselzone am Hemsbacher Wiesensee kurz vor dem Start.

„Du bist ganz grün im Gesicht“, sagte mir dann noch meine Mannschaftskameradin Katrin vor dem Start. „Na danke“, dachte ich. Aber so fühlte ich mich auch. „Wenn Du nach dem Schwimmen aussteigen willst, tu das ruhig“, fügte sie hinzu. Und das ist wirklich schön: Trotz Liga und Teamwertung wäre mir keiner böse gewesen, wenn ich schon nach der ersten Disziplin gesagt hätte, ich steige aus. Doch so bin ich nicht. Wenn ich an der Startlinie stehe, will ich es auch um jeden Preis durchziehen. Dass ich am heutigen Tag eines besseren belehrt werden würde, wusste ich zu diesem Zeitpunkt ja noch nicht.

Prügeln, schwimmen, radeln

Also ab ins kühle Nass, das mit 24 Grad gar nicht wirklich erfrischend war und die anfängliche Prügelei überleben. Ich fühlte mich wie eine kleine Bleiente, die den Anschluss nicht halten kann und die Lücke nach vorne immer größer werden lassen muss. Aber gut, so ist das eben, wenn man nie ins Training geht. Dachte ich. Nach dem Landgang nochmal versucht die letzten Körner aus den Armen zu bekommen. Bei 30:32 für 1500 Meter blieb die Uhr stehen. „Gar nicht so schlecht“, dachte ich. Denn ich hätte es im Vergleich zu den riesigen Lücken nach vorne viel schlimmer erwartet. Schnell aufs Rad und versuchen, irgendwie zu überleben.

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Die Freude über Katha am Streckenrand – kurz vor dem Kampf gegen die richtigen Berge.

Doch bereits am ersten Anstieg erging es mir eher schlecht als recht. Einer nach dem anderen überholte mich auf dem Rad. Nur als ich Katha mit ihrer Kamera am Streckenrand entdeckte, kam ein kurzes Lächeln für das Bild, siehe oben, auf. Der Rest der Radstrecke zog sich dann wie Kaugummi. Irgendwann bin ich auf dem Weg zur Juhöhe abgestiegen und habe mein Rad geschoben. Ich konnte nichts essen, ich hatte Magenschmerzen und am liebsten hätte ich das Rad in die Ecke gepfeffert und wäre mit dem Taxi zum Ziel gefahren.

Wer gewinnt: Körper oder Kopf?

Die restlichen Kilometer auf dem Rad verbrachte ich abwechselnd mit dem Gedanken, ob ich weitermachen soll oder nicht. Ich half Athleten mit ihren Platten – und habe es aufgegeben, dass ich meine geliehenen Teile irgendwann wiedersehen werde – und verlor den Kampf gegen den heißen Gegenwind. Mit gut 45 Minuten Rückstand auf die ersten Damen kam ich dann in der zweiten Wechselzone an. Sehr frustrierend, wenn die ersten Männer bereits im Ziel sind.

Da ich allerdings nicht wusste, ob meine drei anderen Liga-Mädels alle heil angekommen sind, begab ich mich doch nochmal auf die erste von drei Laufrunden. Nachdem ich diese aber zu 90 Prozent nur noch gehend verbracht habe und meine Teamkameradinnen entdeckt hatte, war klar: Ich muss raus. Ich habe nur noch darauf gewartet, irgendwen an der Strecke zu treffen, den ich kenne und mir diese Entscheidung bestätigen zu lassen.

Hinfallen, aufstehen, Krönchen richten!

Zurück im Stadion und die erste Laufrunde fast absolviert, kam mir Katrin entgegen. Ein Glück! Schon als ich sie gesehen habe, liefen bei mir die ersten Tränen. Ich hatte lange versucht gegen mich und meinen Körper anzukämpfen, doch irgendwie war mir ja selbst klar: Weitermachen geht nicht. Ich stürzte in ihre Arme, heulte kurz los und war erleichtert, dass sie meine Meinung teilte. Sie sagte: „Mach deine Uhr aus, hör auf und melde dich ab. Solche Tage gibt’s!“ Und wie Recht sie einfach hat! Ich hatte seit dem Morgen nichts mehr essen können. Ich hatte zwar ausreichend getrunken, aber einerseits Schmerzen und andererseits keine Energie, um überhaupt locker zu traben. Noch dazu waren es mittlerweile 37 Grad – im Schatten.

Was wären meine Optionen gewesen? Noch eine Stunde in der Hitze weitergehen, nur, um zu sagen, dass ich gefinished habe? Ist es das wirklich wert? Ich glaube nicht. Und leider vergessen das sehr viele. Triathlon ist doch immer noch unser Hobby, sollte Spaß machen und nicht die Gesundheit gefährden. Im Ziel habe ich dann eine andere Athletin getroffen, die sich das Leid mit mir auf der Radstrecke über Kilometer teilte. Auch sie war ausgestiegen. Nach zwei Tagen Bedenkzeit kann ich sagen: Es war die einzig richtige Entscheidung. Und ich bereue es nicht. Denn ich kann es am kommenden Wochenende ja gleich wieder besser machen. Krönchen ist gerichtet, jetzt wird weitergemacht. Liga-Finale beim City Triathlon in Baunatal? Ich komme!

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Im Ziel konnte ich mit meinen Mädels auch wieder lachen!

Fotos: Christian Cardinahl / www.art-tack.de und Katharina Kreit / Wechselzone

 

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8 Comments

  • Reply
    chriba76
    31. August 2016 at 7:46

    Ja, es war die einzig richtige Entscheidung. Auch wenn’s wehtut.
    In Malterdingen stand ein Typ bereits ein paar Sekunden nach dem Schwimmstart wieder am Ufer. Auch wenn man viel von „Heldentaten“ anderer liest, die mit abfallenden Körperteilen noch Höchstleistungen erbracht haben… die Gesundheit dankt das langfristig nicht.
    Dir und Deinem Magen einen guten Saisonabschluss!

  • Reply
    Katitria
    31. August 2016 at 11:08

    ;-* Wir haben schon alles richtig gemacht.

    • Reply
      annkathrinernst
      31. August 2016 at 11:10

      Ja, Du vor allem. Mit der Schulter zum Ausheulen 🙂

  • Reply
    Lieblingsblogs Folge 31 - Coffee & Chainrings
    31. August 2016 at 18:18

    […] DNF fühlt sich nicht gut an, dass weiß auch Triathloveblog. Aber manchmal ist es die einzig richtige […]

  • Reply
    Ana
    31. August 2016 at 19:03

    Ach was kann ich dich verstehen. Ich hab zwar kein DNF hinter mir, dafür ein gar nicht erst antreten! Beides unschöne Situationen aber als Kämpferinnen werden wir das schon verarbeiten. Ich finde, du hast richtig entschieden.

  • Reply
    be the best Mimi
    3. September 2016 at 14:47

    Ich kann soooo mitfühlen. Mir ging es beim vorletzten Wettkampf fast genauso, nur mit Prügel und Waden- statt Magenbeschwerden. Es ist wirklich einen harte Erfahrung, die man nur schwer erklären kann.
    Dafür läuft der nächste Wettkampf bestimmt wieder umso besser! 😉

  • Reply
    Kevin
    16. September 2016 at 10:16

    Hitze, Sport und ich sind keine Freunde. Ich bin diesen Sommer bei 35 Grad laufen gewesen. Nach einem Kilometer habe ich schon gemerkt, dass wenig geht. Nach 3 Km war ich platt und ich Depp hab´s dann durchgezogen und die 10 Km voll gemacht. Zuhause angekommen habe ich mich wie besoffen gefühlt und ich bin mehrere Stunden einfach nur sinnlos durch die Wohnung getorkelt. Was ich sagen will: Ein DNF ist keine Schwäche. Ich finde, du hast richtig reagiert und auf deinen Körper gehört. Wir machen den Sport ja, weil er uns Freude bereitet. Und das soll auch noch lange so bleiben.

  • Reply
    gabiwinck
    19. September 2016 at 17:39

    Fällt nicht leicht, ist aber manchmal vernünftiger … ich bin es meistens nicht. Vor zwei Jahren bei Sprint mit MTB gestürzt und das Rennen beendet .. erst danach bemerkte ich mein blutüberströmtes Schienbein, konnte einmal stehen geblieben im Ziel kaum mehr laufen und musste über nacht ins Krankenhaus, OP, Schnitt im Knie bis auf Knochen, Schleimbeutel durchtrennt … Das hätte schön ins Auge gehen können … was hätte ich davon gehabt, wenn eine Infektion die Beweglichkeit hätte eingeschränkt und ich nie mehr Triathlon hätte machen können? Dann besser früher mal auf seinen Körper zu hören … Tja, ich bin trotzdem immer wieder unvernünftig … aber bei anderen weiß ich immer gute Ratschläge …

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